Vertrauter Klang inspiriert und überrascht
Schwyzerörgeli, Cello, Kontrabass. Nennen die Musikerinnen Evelyn und Kristina Brunner die Instrumente, die sie spielen, verabschiedet man sich am besten gleich von sämtlichen musikalischen Vorstellungen, die man normalerweise mit diesen Instrumenten verknüpft.
Wie würden denn die Musikerinnen selbst ihre Musik beschreiben? «Wir lassen uns von Melodien, Harmonien und Rhythmen verschiedenster Stile inspirieren. Einen Plan für die Entstehung unserer Stücke gibt es nicht, ebensowenig eine bewusste Zutatenkiste. Eigentlich sind wir eine Art Verwertungsmaschine», sagen sie lachend – «eine musikalische Verwertungsmaschine mit traditionellem Background.» Ländler gehörte bei der Familie Brunner zum Alltag. Sehr früh erhielten die Schwestern ihr eigenes Schwyzerörgeli und entwickelten eine ausgeprägte Leidenschaft für traditionelle Schweizer Volksmusik. Warum Schwyzerörgeli und nicht Akkordeon? «Der Klang des Schwyzerörgeli ist unübertroffen, er ist warm, voll und dennoch transparent», erklären sie. Zudem sei gerade die Eingeschränktheit, die das Schwyzerörgeli aufgrund seines Aufbaus biete, faszinierend. Auf dem Akkordeon sei alles möglich, da gäbe es keine Ausreden, das Schwyzerörgeli hingegen setze Grenzen, aber genau darin liege die kreative Herausforderung. «Wegen dieser Grenzen stossen wir auf Dinge, auf die wir sonst nicht kommen würden. Unsere Neugier und Experimentierfreudigkeit und das Ausloten der Möglichkeiten und Grenzen unserer Instrumente – das ist der Mix, der unseren Sound ausmacht.»
Viel lieber jedoch, als sich verbal zu erklären, treten die beiden Musikerinnen auf, wechseln souverän vom Schwyzerörgeli zum Cello, zum Kontrabass und zurück und verzaubern das Publikum.
Nur wenige ihrer Stücke sind von Beginnn weg aufgeschrieben. Das sei weder wichtig noch nötig, beteuern die Musikerinnen, mit der Zeit hätten sie die Stücke verinnerlicht. Für das Publikum sei vieles auf den CDs «elementar» und «mäander» festgehalten.
«Es braut sich anfangs jeweils etwas zusammen, von dem man im Vornherein nie weiss, was daraus entstehen wird. Wir experimentieren damit herum, lassen es ruhen, greifen es wieder auf, bis es uns packt und sich zusammenfügt» – so beschreiben die beiden den Entstehungsprozess ihrer Stücke. Wer ihre Musik kennt, weiss: Sie ist stets überraschend, manchmal melancholisch und ernsthaft, mal witzig und voller Schalk. «Manchmal fragen uns die Zuhörenden, ob das tatsächlich richtige Schwyzerörgeli seien», sagt Kristina und schmunzelt.
Sowohl Kristina als auch Evelyn Brunner erteilen nebst ihrer Konzerttätigkeit auch Unterricht in Schwyzerörgeli – für Kinder wie für Erwachsene. «Viele, die schon lange Schwyzerörgeli spielen, haben uns irgendwo gehört und haben Lust, bei uns Neues auszuprobieren und in neue Bereiche vorzustossen. Die meisten kommen vom Ländler, das ist eine sehr gute Grundlage», erklären die beiden. Die Nachfrage wachse. Wen wunderts’?
Text Agathe Schudel, 2023 – www.sprachfest.ch
Kristina Brunner (*1993) studierte nach der Matura Cello mit Schwerpunkt Volksmusik (Bachelorstudium) und Schwyzerörgeli bei Markus Flückiger (Bachelor- und Masterstudium) an der Musikhochschule Luzern. Seit 2019 unterrichtet sie Schwyzerörgeli an den Musikschulen der Region Gürbetal und der Stadt Luzern. Dazu pflegt sie eine rege Konzerttätigkeit, vor allem im Duo mit Evelyn Brunner und Albin Brun.
Evelyn Brunner (*1990) studierte nach der Matura Musik- und Bewegungspädagogik an der Musikhochschule Luzern. Neben einer breiten pädagogischen Ausbildung erhielt sie dort Kontrabass- und Schwyzerörgeliunterricht. Evelyn Brunner unterrichtet Schwyzerörgeli an den Musikschulen in Thun und Bern, leitet Volksmusik-Kurse und ist im Rahmen verschiedener Projekte und Bands im Bereich der Volksmusik tätig.
Zusammenarbeit mit Pedro Lenz (seit 2015)
Auftragskompositionen für Musik zu Werbevideos